EUDR Delay: Why SMEs Must Lead the Way on Practical Supply Chain Transparency

Die EU hat die Entwaldungsverordnung (EUDR) verschoben – doch der Druck auf Unternehmen bleibt. Warum Herkunftsangaben auf Bundesstaatsebene reichen, um 95 % der ESG-Risiken abzudecken, und weshalb der Mittelstand jetzt praktikable Standards statt überzogener Detailpflichten braucht.

Die EU-Entwaldungsverordnung (EU Deforestation Regulation / EUDR) soll gewährleisten, dass in der EU gehandelte oder aus der EU exportierte Rohstoffe und daraus hergestellte Produkte nicht zur Entwaldung beitragen. Ursprünglich sollte die EUDR ab dem30. Dezember 2024 Anwendung finden, und wurde Ende 2024kurzfristig um ein Jahr verschoben. Nun wurde die erneute Verschiebung bekanntgeben: Der Starttermin für die meisten Unternehmen soll nun der 30. Dezember 2026 sein. Kleinst- und Kleinunternehmen müssen die Vorschriften ab dem 30. Juni 2026anwenden, sofern sie nicht bereits unter das Holzhandelssicherungsgesetz (EU Timber Regulation / EUTR) fielen.


Die erneute Verschiebung der EUDR wurde nötig, weil wesentliche Werkzeuge–insbesondere das zentrale IT-System zum Austausch von Due-Diligence-Erklärungen– bislang noch nicht stabil und einsatzfähig genug erscheinen. Die Kommission betont, dass die inhaltlichen Anforderungen der EUDR durch die Verzögerung nicht wesentlich verändert werden sollen. Allerdings kursieren auch Forderungen nach Ergänzungen – zum Beispiel die Einrichtung einer„Null-Risiko-Kategorie“für Länder mit vernachlässigbarem Entwaldungsrisiko. Und die Weitergabe von „DDS-Nummern“ in der nachgelagerten Lieferkette wird grundsätzlich infrage gestellt.

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Gesellschaftlicher und politischer Auftrag zu verantwortungsvoller Beschaffung

Kritikerwarnen, die erneute Verschiebung der EUDR untergrabe den politischen Willen und koste Waldflächen. Im Jahr 2024 gingen weltweit rund 8,1 Millionen Hektar Wald verloren, wie der aktuelle Forest Declaration Assessment Report feststellt. Besonders betroffen war erneut der Amazonasraum: In Brasilien führte die Zunahme der Brände zu einem neuen Höchststand an Waldverlust, während Bolivien im Vergleich zum Vorjahr sogar einen Anstieg der Entwaldung um 200 % verzeichnete. Insgesamt zeigt der Bericht, dass in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich 86 % der weltweiten Entwaldung auf dauerhafte landwirtschaftliche Nutzung zurückzuführen sind. Daneben nehmen auch Gold- und Kohleabbau als Ursachen für Waldzerstörung zu.

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Vor diesem Hintergrund wächst der Druck auf Unternehmen, sich trotz der Verzögerung zügig vorzubereiten – denn die Kernpflichten der EUDR gelten im Rahmen der aktuellen EUTR für holz-basierte Produkte weiterhin. Die gesellschaftliche Bedeutung der Verordnung lässt sich ebenfalls nicht verneinen. In einer Welt, in der Klimawandel und Umweltschäden zunehmend existenzielle Themen sind, haben sich viele Einzelhandelskonzerne, NGOs und Investoren darauf verständigt: Transparenz in Lieferketten ist kein Luxus, sondern ein Grundprinzip verantwortlicher Beschaffung. Unternehmen stehen dadurch heute unter einem doppelten Druck – sie sollen sowohl ökonomisch erfolgreich sein als auch ökologische und soziale Verantwortung übernehmen.

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Politisch ist ein Spagat gefordert. Parteien und Parlamente sind dringend gehalten, Rahmenbedingungen zu setzen, die sicherstellen, dass die europäische Wirtschaft wieder in Fahrt kommt und Entbürokratisierung spürbar umgesetzt wird. Gleichzeitig stehen Regierungen unter öffentlichem und medialem Druck: Skandale über heimliche Kinderarbeit, Waldrodung oder Menschenrechtsverletzungen entlang globaler Lieferketten führen schnell zu Forderungen der Wähler. Für die EU ist die EUDR ein Drehscheibenprojekt: Sie signalisiert globales Engagement für Klima und Nachhaltigkeit, gibt Unternehmen Orientierung und schafft eine rechtliche Basis, um Verstöße zu sanktionieren.

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Die EUDR hat gravierende inhaltliche Schwächen

Doch so sinnvoll all diese Forderungen sind – in der praktischen Umsetzung trifft man auf erhebliche Hindernisse, insbesondere für mittelständische Unternehmen. Die EUDR verlangt vielfach überzogene Detailtiefe und insbesondere bemängeln wir folgende Kernpunkte:

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1. Die Pflicht, Registriernummern entlang der gesamten Handels- und Zulieferkette weiterzugeben– ohne dass diese Nummern selbst zusätzlichen Informationsgehalt bieten –erzeugt enormen bürokratischen Aufwand bei zugleich geringem Nutzen.

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2. Es werden äußerst anspruchsvolle Vorgaben zum Erfassen von Geodaten (z.B. Polygondaten auf Grundstücksebene) verlangt. Doch solche Daten sind oft nicht verfügbar, sie sind rechtlich sensibel oder methodisch unscharf – und ohne Zusatzinformationen kaum aussagekräftig für ESG-Risiken.

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Zudem bestehen vielfach technische Barrieren: Viele Unternehmen, vornehmlich im Mittelstand, verfügen nicht über ausgereifte IT-Systeme oder Datenplattformen, um solche Informationen effizient zu verarbeiten und rechtskonform zu melden. Das Risiko der Überforderung ist damit groß: Wenn nur große Konzerne alle Anforderungen bewältigen können, besteht die Gefahr, dass mittelständische Betriebe systematisch benachteiligt werden oder notwendige Erleichterungen zur Bedingung politischer Gunst werden.

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Praxisnaher Vorschlag zur Vereinfachung der EUDR

In der obengenannten Gemengelage schlagen wir vor, Herkunftsangaben auf eine realistische, aber dennoch wirksame Ebene zu begrenzen – nämlich Bundesstaaten oder vergleichbare Unterteilungen (z. B. mit bereits existierenden ISO-Codes). In Kombination mit Zolltarifnummern (HS-Codes) der Rohstoffe lassen sich damit rund 95 %der relevanten Nachhaltigkeitsrisiken abdecken. Diese Lösung hat mehrere Vorteile:

  • ISO-Codes fĂĽr Bundesstaaten existieren bereits und sind international anerkannt.
  • Sie lassen sich in IT-Systeme und Datenbanken einfach integrieren.
  • In der Papierindustrie sind diese Angaben heute schon ĂĽblich und werden meist ĂĽber technische Datenblätter kommuniziert. FĂĽr die Sägeindustrie sollten diese Angaben     ebenfalls keine Probleme darstellen.
  • FĂĽr Unternehmen bleibt der Aufwand ĂĽberschaubar, während dennoch eine sinnvolle Differenzierung der Herkunft ermöglicht wird.
  • Mithilfe von Gen- oder Isotopentechnik lassen sich die Herkunftsregionen stichhaltig nachprĂĽfen.
  • FĂĽr Verbraucher ist eine Angabe wie „Bundesstaat X (Land Y)“ nachvollziehbar und nutzbar – deutlich verständlicher als Koordinaten oder kryptische Registriernummern.
  • Aus politischer und regulatorischer Sicht erfĂĽllt man damit das Ziel der Transparenz und     RĂĽckverfolgbarkeit, ohne den Mittelstand zu erdrĂĽcken.

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Unternehmen, die glaubwürdige Herkunftsangaben liefern, schaffen Vertrauen bei Kundinnen und Kunden, Kapitalgebern und Aufsichtsbehörden. Wenn Herkunft sinnhaft und verständlich ausgewiesen wird, kann sie auch dem Endverbraucher Orientierung bieten.

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Die aktuelle Verschiebung der EUDR bietet eine wertvolle Chance: Statt in der Hektik eines Überregulierungswettlaufs zu enden, kann man die Umsetzung so gestalten, dass sie praktikabel, wirksam und gesellschaftlich tragbar wird. Die EU droht aktuell, mit dem „Tüpfelchen auf dem i“ gerade mittelständische Unternehmen zu überfordern – wir plädieren dafür, dass Gesetze nicht zum Selbstzweck verkompliziert werden, sondern konkrete Wirkung entfalten, ohne jene zu bestrafen, die den Weg dorthin realistisch gehen müssen.

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Quellen & weiterfĂĽhrende Links:

EU will delay anti-deforestation law by another year

Welt fällt weit hinter Entwaldungsziele zurück

DIHK: Verschiebung der EUDR notwendig

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